Reiseberichte aus der Whisky Welt

Schottlandreise 2024

Als 2020 der Lockdown kam und die eigentlich geplante Clubtour in die Speyside nicht stattfinden konnte, war die Enttäuschung damals groß. Nun endlich konnte ein Clubmitglied den anstehenden Familienurlaub nutzen, um speziell diese Schottlandregion ausgiebig zu bereisen und dabei mehr als eine Destillerie zu besichtigen.

Schottlandreise 2024 Whiskynasen 1

Mit der Fähre ging es auf die Überfahrt von Amsterdam nach Newcastle im Norden der UK. Von dort aus ging es weiter in das kleine Dörfchen Dufftown, welches als Basis der Speyside-Erkundungen ausgewählt wurde. Schon bereits das gebuchte Gables Whisky-B&B konnte das Herz eines Whiskyliebhabers nur höherschlagen lassen. Mit sehr viel Liebe haben hier die beiden niederländischen Besitzer vier Zimmer hergerichtet, deren Ausstattung und Dekoration voll in das Thema passen. So auch der gebuchte Tartan-Room, in dem sogar die Schirme der Nachttischlampen im bekannten Schottenmuster ausgeführt waren. Highlight der Unterbringung war jedoch die hauseigene Lounge mit ca. 500 offenen Whiskyflaschen. Hier verlebten wir manch geselligen Abend und führten nette Gespräche mit den Besitzern und den anderen internationalen Gästen.


Die erste große Destillerie-Tour führte zur Balvenie-Destillerie direkt in Dufftown. Nachdem wir uns einigermaßen an den schottischen Akzent
unseres Guides gewöhnt hatten, lauschten wir gespannt den Erläuterungen zu den einzelnen Stationen der Whiskyherstellung. Besonderheit dieser Destille ist, dass man noch alte Malzböden besichtigen kann, die ja in den meisten anderen Destillerien aufgrund der direkten Belieferung aus Großmälzereien abgeschafft wurden. Auch eine kleine Cooperage (Fasswerkstatt) ist noch in Betrieb. Nicht nur mit den Augen lernten wir. Auch die Nase nahm zum ersten Mal den Geruch der Maische und des angel share wahr. Man muss es einmal gerochen haben. Etwas verwundert waren wir am Ende der Tour, als in einem der warehousesaufgrund der angeblich verbotenen Glasnutzung ein Schluck Whisky direkt in die Hände ausgeschenkt wurde.

Da nach Abschlecken dieser, der Tropfen für gut befunden wurde, durfte er auch als kleine Abfüllung mitgenommen werden. Beim abschließenden Tasting wurden ebenfalls außergewöhnlich gute und zum Teil auch sehr alte Tropfen serviert. Wir müssen sagen, dass sich die etwas teurere Tour gerade als Einstieg hier sehr gelohnt hat, da sie sehr vielfältig alle Herstellungsprozesse des Wassers des Lebens nähergebracht hat.
Das Schöne an der Speyside ist, die nächste Destillerie ist meist nicht weit. Quasi im 5 Minuten-Takt kann man auch auf den Fahrtrouten zu den eigentlichen Zielen immer wieder ein Pagodendach am Wegesrand entdecken. Und so erfolgten neben den gebuchten Touren auch einige Fotostopps an den zufällig auftauchenden Brennstätten (z.B. Mortlach, Craigellachie, Benriach, Aberlour, Glenfiddich, Glentauchers und und und..).

The Balvenie Distillery


Auf Empfehlung der B&B-Betreiber und einiger anderer Gäste wurde das Programm für den nächsten Tag kurzerhand umgestaltet. Die Speyburn-Destillerie wurden uns als lohnender Tipp benannt. Dies können wir absolut bestätigen. Obwohl man hier erst seit ca. 1 Jahr angefangen hat, Besucher zu empfangen, kommt einem direkt beim Betreten des Visitor Centers eine absolute Herzlichkeit und Freude an der Arbeit entgegen. Diese Herzlichkeit hat auch einen Namen: „Gabi“, die unsere Tour heute leiten durfte und aus Deutschland stammt. Das Spannende an der Speyburn-Destillerie sind die Gegensätze. Der alte ursprüngliche, nicht mehr genutzte Herstellungsbereich mit sämtlichen alten Gerätschaften wurde als denkmalgeschütztes Museum parallel zum neuen Prozessbereich erhalten. Besonders erwähnenswert sind hier die großen drum-maltings, in denen die Gerste nicht, wie üblich, auf dem Boden, sondern in großen Trommeln gewässert und getrocknet wurde.
Diese beeindruckende Anlagentechnik ist übrigens deutsche Ingenieurskunst. Durch Gabis spannende Erzählungen konnten wir die alten Zeiten quasi spüren. Nach Abschluss der Führung durch den neuen Prozessbereich, in dem übrigens zum Zeitpunkt unserer Besichtigung nicht produziert wurde (silent season), bekamen wir im sehr gemütlichen Tastingraum wieder fünf ausgezeichnete Single Malts eingeschenkt. Ein Speyburn-Glas gab es obendrein noch als Geschenk. Da sicherlich viele Whiskyliebhaber diese Destillerie nicht unbedingt auf dem Schirm haben, können wir die Empfehlung zu einer Besichtigung absolut weitergeben. Es war übrigens kein Mangel, dass die Produktion ausgesetzt war. Auf diese Weise hatte man die Chance, manche Gerätschaft und manche Brennblase mal genauer anzuschauen.

Schottlandreise 2024 Whiskynasen 3

Am nächsten Tag besuchten wir die kleine Stadt Keith ein paar Meilen von Dufftown entfernt. Hier liegt die, oftmals als schönste Destillerie bezeichnete, Strathisla-Destillerie. Diese Bewertung ist durchaus berechtigt. Wirklich lieblich liegt sie da, mit ihren zwei Pagodentürmen und dem vorgelagerten Mühlrad. Strathisla ist auch das Zuhause von Chivas, einem bekannten Blended Scotch. Obwohl wir ja nun schon erste Einblicke in die Whiskyherstellung gewonnen hatten, hatte auch diese Führung durchaus ihren Reiz. Das kann man im Übrigen für alle weiteren ebenfalls benennen. Jede Destillerie hat eben doch ihre kleinen Eigenarten, die es zu entdecken gilt. Bei Strathisla beeindruckten z.B. auch die besonders teuren Fässer im Warehouse, die wie der Staatsschatz hinter Gittern verschlossen waren. Mit dem nötigen Kleingeld hätte man hier auch zum Erwerber werden können. Ein Schicksal, das uns leider nicht vorgehalten war.


Ohne Fässer, kein Whisky. Der nächste Tag begann mit dem Besuch der Speyside Cooperage, der größten Fasswerkstatt in der Region. Da es sich hier nicht um eine „Showarbeitsstätte“ handelt, ist es leider nur möglich, die Arbeiter von einer Galerie aus zu beobachten. Dadurch hat man aber auch einen guten Überblick. Die Cooper werden im Akkord nach Anzahl der fertiggestellten Fässer bezahlt. Störende Touristen können da nicht wirklich gebraucht werden. Es ist beeindruckend, wenn man hautnah sieht, dass so ein Fass ohne Leim, ohne Schrauben, ohne Nut und Feder zusammengesetzt ist und dennoch über so viele Jahre dichthält. Selbst die Deckel erhalten lediglich eine Dichtung aus Naturschilfgras.

Beeindruckend sind auch die Lagerstätten im Außenbereich, in denen sich die alten und neuen Fässer himmelhoch auftürmen. Für den späten Nachmittag konnten wir spontan noch eine Tour in der Glenfarclas-Destillerie buchen. Auf dem Weg dorthin machten wir noch einen Stopp bei Ballindalloch. Dies ist eine kleine, recht junge Destillerie von 2011, die jedoch bereits sehr schmackhaften Single-Malt vertreibt. Bei Glenfarclas einer der wenigen Destillerien, die noch familiengeführt sind, wird fast ausschließlich sherrygereifter Whisky produziert. Zum Zeitpunkt unserer Besichtigung wurde hier ebenfalls nicht produziert. Hauptgrund ist hier die Menge und die Temperatur des zufließenden Wassers, welches für die Produktion benötigt wird. Nichtsdestotrotz hat uns auch diese Führung gut gefallen. Beeindruckend ist hier u.a. der Tastingraum, in dem die Inneneinrichtung eines ausrangierten Schiffes Wiederverwendung gefunden hat.


Am nächsten Tag ging es nach Elgin. Dort besichtigten wir zunächst die historischen Überreste der großen Cathedral, die mächtig in den Himmel ragen. Danach fuhren wir nach Glen Moray, um zunächst an einer weiteren Tour teilzunehmen. Als besonderes Special hatten wir danach ein Schokolade – Whiskytasting gebucht. Wir staunten nicht schlecht, als uns mitgeteilt wurde, dass wir die einzigen Teilnehmer waren – ein privat experience tasting. Im herrschaftlichen Glen Moray House wurden uns vier höchst schmackhafte Paarungen von besonderer Schokolade und dem passenden Whisky serviert. Erstaunlich, wie hier jedes Mal die Geschmacks- und Geruchssinne besonders gereizt wurden. Eine starke Paarung. Zum Abschluss nutzte ich noch die Chance, eine exklusive Handabfüllung zu erwerben. Dies ist für einen Whiskyfan eine wirklich spannende Angelegenheit und mit etwas Stolz hält man dann die Flasche mit eigenem Namen in den Händen.

Schottlandreise 2024 Whiskynasen 5

Unsere Zeit am ersten Standort unserer Schottlandreise in der Speyside ging langsam zu Ende. Eine Region, die im Übrigen oft unterschätzt wird. Nicht nur für Whiskyliebhaber bietet diese liebliche und sanfte Hügellandschaft mit ihren Gewässern und Wäldern viele Möglichkeiten der Tagesgestaltung. Auch wir füllten die Zeiträume zwischen den Whiskyaktivitäten beispielhaft mit schönen Wanderungen sowie Fahrten zur nahgelegenen Küste. Auch ein Besuch der Walkers Shortbread Produktionsstätte mit Lagerverkauf ist zu empfehlen.

Für die nächste Station unserer Schottlandreise hatten wir eine kleine Wohnung in Portree auf der (Halb)insel Skye gebucht. Auf dem Weg dorthin passierten wir das sagenumwobene Loch Ness und besichtigten das wunderschöne Eilean Donan Castle. Je weiter wir in den Westen vordrangen, umso rauer wurde die Highland-Landschaft. Leider änderte sich auch das Wetter und es wurde zunehmend „schottischer“. Im Vergleich zur lieblichen Speyside nahmen auch die Touristenströme deutlich zu. Das kleine Hafenstädtchen Portreezeichnet sich insbesondere durch seine bunte Häuserfront am Hafenbecken aus. Wer Lust hat, findet hier jedoch auch zahlreiche Pubs und Restaurants. Auch wir nutzten die Chance und verbrachten die Abende mal wieder mit Ale und Musik im gemütlichen The Isle Inn.


In den folgenden Tagen wurden natürlich die zahlreichen Naturhighlights der Isle of Skye angefahren. Hier sei beispielhaft der Old Man of Storr, das Quiraing Massiv, Kilt Rock und die Mealt falls, die Fairy Pools sowie der atemberaubende Neist Point mit seinem Leuchtturm erwähnt. Landschaftlich ist Skye ein absolutes Highlight. Leider ist das jedoch auch in der Welt bekannt und speziell in den Sommermonaten kann es daher an den bekanntesten Sehenswürdigkeiten oft sehr voll werden.

Natürlich wird auch auf Skye Whisky produziert und so hatten wir eine Tour in der Talisker-Destillerie gebucht. Diese ist wunderschön an der Meeresbucht Loch Harport gelegen. Obwohl man aufgrund des stylischen Vistorcenters sofort erkennt, dass diese Destillerie zum Getränkegroßunternehmen Diageo gehört, konnte die Führung auch hier überzeugen. Lediglich warehouses sucht man hier vergebens. Aus Platzmangel werden die Fässer schon seit längerem auf dem Festland gelagert. Ein Schelm der beim Talisker-Slogan „Made by the sea“ da an Böses denkt. Wer nach der offiziellen Tourverkostung Hunger verspürt, dem sei die oberhalb der Destillerie gelegene Seafoodhalle „The Oyster“ empfohlen. Ganz unkonventionell können hier u.a. fangfrische Austern aus der Taliskerbucht probiert werden.

Schottlandreise 2024 Whiskynasen 6


Zum Abschluss unserer Reise siedelten wir noch einmal in das quirlige Hafenstädtchen Oban um – untergebracht in einem sogenannten Pod (Campingfass) mit eigenem Whirlpool – genial.  In der namensgebenden ortsansässigen Destillerie probierten wir die Qualität zweier Standardabfüllungen. Auf eine weitere Besichtigung verzichteten wir an dieser Stelle. Auf dem Rückweg nach Newcastle zum Fähranleger passierten wir noch die Loch Lomond Destillerie, welche eher wie eine große Industrieanlage wirkt. Dagegen war die lieblich gebettete Lowland Glenkinchie-Destillerie als letzter Stopp das absolute Gegenteil.

Schottlandreise 2024 Whiskynasen 7

Zum Abschluss unserer Reise siedelten wir noch einmal in das quirlige Hafenstädtchen Oban um – untergebracht in einem sogenannten Pod (Campingfass) mit eigenem Whirlpool – genial.  In der namensgebenden ortsansässigen Destillerie probierten wir die Qualität zweier Standardabfüllungen. Auf eine weitere Besichtigung verzichteten wir an dieser Stelle. Auf dem Rückweg nach Newcastle zum Fähranleger passierten wir noch die Loch Lomond Destillerie, welche eher wie eine große Industrieanlage wirkt. Dagegen war die lieblich gebettete Lowland Glenkinchie-Destillerie als letzter Stopp das absolute Gegenteil.

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